Typografie in CorelDRAW® X6

von Marc Bech

Dieser Tipp wurde für CorelDRAW® X6 verfasst. Er ist nur mit CorelDRAW X6 uneingeschränkt anwendbar, auch wenn in älteren Versionen des Programms unter Umständen ähnliche Funktionen verfügbar sind.

Text ist ein wichtiges Design- und Layout-Element. Die Wahl der richtigen Schriftart ist von großer Bedeutung für das Design, da sie einen großen Einfluss auf den Ton eines Projekts haben kann. In CorelDRAW kann mühelos die Schriftart ausgewählt werden, die sich für ein Projekt am besten eignet. Auch Schriftgröße und Stil können schnell und einfach festgelegt werden. Darüber hinaus können zur Erzeugung eines einzigartigen und persönlichen Stils OpenType®-Schriften genutzt werden. Nicht alle OpenType-Schriften verfügen jedoch über erweiterte OpenType-Funktionen.

In diesem Tipp werden folgende Themen behandelt:

  • Schriftstile versus Schriftarten
  • Die Wahl der Schriftart
  • OpenType-Unterstützung in CorelDRAW® X6
  • Die Arbeit mit OpenType-Schriften

Schriftstile versus Schriftarten

Die Typografiebegriffe „Schriftstil“ (Font) und „Schriftart“ (Typeface) werden häufig als Synonyme verwendet, haben jedoch nicht die gleiche Bedeutung. Bei einem Schriftstil handelt es sich um eine Sammlung von Zeichen, die Buchstaben, Zahlen und Symbole einer Variante einer Schriftart, wie beispielsweise Fett oder Kursiv, beinhaltet. Eine Schriftart, auch Schriftfamilie genannt, besteht aus mehreren Schriftstilen, die ähnliche Designmerkmale aufweisen. Ein Schriftstil ist ein Mechanismus, der es ermöglicht, Zeichen, bzw. Glyphen, am Bildschirm oder im Druck darzustellen. Eine Schriftart indessen verkörpert den Stil und die visuelle Eigenart der Zeichen einer Gruppe von Schriftstilen.

In der folgenden Tabelle sind einige Beispiele für Schriftarten und Schriftstile aufgelistet. Der Schriftstil ist der Bereitstellungsmechanismus und die Schriftart das kreative Werk.

Schriftart (Schriftfamilie)
Helvetica Neue
Times New Roman
Verdana

Schriftstil
Helvetica Neue kursiv fett
Times New Roman normal
Verdana kursiv fett

So wählen Sie eine Schriftart

Schriftarten gibt es in unterschiedlichen Formen und Größen. Sie weisen eindeutige Merkmale und Ausdrucksqualitäten auf. Die Wahl der richtigen Schriftart ist von großer Bedeutung für das Design, da sie einen großen Einfluss auf den Ton eines Projekts haben kann. Sie kann die Kommunikation erleichtern, sie jedoch auch behindern. Wenn beispielsweise die Schriftart eines Posters schlecht lesbar ist oder falsche Akzente setzt, verfehlt die Botschaft unter Umständen die gewünschte Zielgruppe.




Abb. 1

Für die Speisekarte eines gehobenen Restaurants eignet sich die elegante Schriftart auf der linken Seite besser als die eher verspielte Schriftart auf der rechten Seite.

Nachfolgend finden Sie einige grundlegende Tipps für die Wahl der richtigen Schriftart:

  • Wählen Sie die Schriftart, die am besten zum Ton Ihres Designs passt. Soll es eher verspielt oder professionell wirken? Möchten Sie eine bestimmte Altersgruppe ansprechen?
  • Wählen Sie eine Schriftart, die für die endgültige Ausgabe Ihres Designs (gedruckt, online, als Schild, als Newsletter, als Broschüre usw.) geeignet ist.
  • Verwenden Sie nicht zu viele Schriftarten in Ihrem Dokument. Die allgemeine Regel besagt, dass ein Dokument nicht mehr als drei oder vier Schriftarten enthalten sollte.
  • Achten Sie darauf, dass die Schriftzeichen leicht lesbar und erkennbar sind.
  • Wählen Sie eine für die Altersstruktur Ihrer Zielgruppe geeignete Schriftart.
  • Achten Sie darauf, dass sich die Schriftart der Überschriften hervorhebt und dass sie einen guten Eindruck macht, wenn ein größerer Schriftgrad gewählt wird.
  • Achten Sie darauf, dass die Schriftart des Textkörpers die Lesbarkeit erhöht.
  • Wählen Sie eine Schriftart, die mehrere Sprachen unterstützt, wenn Sie mit mehrsprachigen Dokumenten arbeiten.

OpenType®-Unterstützung in CorelDRAW® X6

Dank dem neu gestalteten Textmodul von CorelDRAW® Graphics Suite X6 können die Typografie-Merkmale von OpenType-Schriften – wie kontextuelle und stilistische Alternativen, Frakturen, Ligaturen, Ordinalia, Ornamente, Kapitälchen und Zierbuchstaben (ein Definition dieser Begriffe finden Sie am Ende des Tutorials) – besser genutzt werden. Viele der Merkmale können in CorelDRAW mit der Verwendung von Stilgruppen auch zusammen verwendet werden. OpenType-Schriften basieren auf Unicode. Unicode ist flexibel und unterstützt mehrere Sprachen.

Auf die OpenType-Funktionen kann über das Andockfenster Objekteigenschaften zugegriffen werden. Vorausgesetzt, dass die Schrift OpeType unterstützt, ermöglichen die OpenType-Funktionen die Wahl alternativer Darstellungsweisen für einzelne Zeichen, oder Glyphen. So kann einem Text mit Zahlenformaten, Bruchzahlen und Ligaturen ein ganz bestimmtes Aussehen verliehen werden. Mit der interaktiven OpenType-Funktion von CorelDRAW X6 wird zudem angezeigt, welche OpenType-Funktionen auf den ausgewählten Text angewandt werden können.

So nutzen Sie die erweiterten Funktionen von OpenType®-Schriften.

Wir wollen nun ein paar der neuen in CorelDRAW X6 verfügbaren OpenType-Typografiefunktionen ausprobieren.

  • Öffnen Sie in CorelDRAW X6 ein neues Dokument im Querformat. Übernehmen Sie die standardmäßige Seitengröße.
  • Tun Sie dann, wie auf Abb. 2 illustriert, Folgendes:
  • Wählen Sie den Schriftstil Arial mit einer Schriftgröße von 36 und schreiben Sie „Dies ist keine erweiterte (drücken Sie die Eingabetaste) OpenType-Schrift, (drücken Sie die Eingabetaste) 99/100, 7th“. Richten Sie diese Textzeilen mittig aus.
  • Geben Sie unter der ersten Zeile auf die gleiche Weise eine zweite Zeile ein. Verwenden Sie dazu die (in Windows® 7 enthaltene) Schrift Gabriola mit einer Schriftgröße von 60 und schreiben Sie „Dies ist eine erweiterte OpenType-Schrift, (drücken Sie die Eingabetaste) 99/100, 7th“.
  • Geben Sie eine dritte Zeile ein. Verwenden Sie dazu die Schriften Corbel oder Calibri mit einer Schriftgröße von 72 und tippen Sie „7th“.



Abb. 2

Hinweis: Falls Sie die Schriften Gabriola, Corbel bzw. Calibri nicht installiert haben, können Sie eine andere OpenType-Schrift verwenden. Nicht alle OpenType-Schriften verfügen jedoch über die hier beschriebenen Funktionen. CorelDRAW X6 wird mit mehreren OpenType-Schriften geliefert, die über viele erweiterte OpenType-Funktionen verfügen. Im Schriftlistenfeld in CorelDRAW X6 sind OpenType-Schriften mit einem „O“ links neben dem Namen der Schriftart gekennzeichnet.




Abb. 3

  • Klicken Sie auf Fenster > Andockfenster > Objekteigenschaften.
  • Stellen Sie sicher, dass oben im Andockfenster das Buchstabensymbol aktiviert ist (siehe Abb. 4), damit im Andockfenster die Texteigenschaften angezeigt werden, die für den im CorelDRAW-Fenster ausgewählten Text verfügbar sind. Da die Designoptionen zwischen den verschiedenen OpenType-Schriften variieren, werden je nach gewählter Schriftart unterschiedliche Optionen angezeigt.



Abb. 4

CorelDRAW weist eine neue Funktion auf, mit der direkt vom Text aus auf diese OpenType-Designmöglichkeiten zugegriffen werden kann. Sie müssen dazu sicherstellen, dass diese Optionen aktiviert und verfügbar sind.

  • Klicken Sie auf das Hilfsmittel Text und aktivieren Sie oben auf dem Bildschirm auf der Eigenschaftsleiste die Option Interaktives OpenType.


    Abb. 5

  • Markieren Sie mit dem Hilfsmittel Text das Wort „OpenType“ auf der zweiten Textzeile (siehe Abb. 6). Sie werden sehen, dass unten im Auswahlfeld ein Pfeil angezeigt wird (1).
  • Klicken Sie auf diesen Pfeil, um die interaktive OpenType-Vorschlagsliste zu öffnen, die alle für die Auswahl verfügbaren OpenType-Funktionen anzeigt. Fahren Sie mit dem Mauszeiger über die verschiedenen Vorschläge, um direkt im ausgewählten Text eine Echtzeit-Vorschau anzuzeigen. Beachten Sie, dass diese interaktive Funktion jeweils nur für eine einzige Zeile benutzt werden kann.


    Abb. 6

  • Wählen Sie nun das unterste Textelement aus. Fahren Sie nun im Andockfenster Objekteigenschaften (siehe Abb. 7) über die verschiedenen Schriftoptionen. Die dunkler angezeigten Symbole in der Liste kennzeichnen die verfügbaren Funktionen. Heller angezeigte Symbole zeigen Funktionen an, die für die ausgewählte Schrift nicht verfügbar sind. Wenn Sie den Mauszeige auf einem Symbol positionieren, wird ein Popup eingeblendet, das die Verfügbarkeit oder Nichtverfügbarkeit der Funktion anzeigt.


    Abb. 7

  • Markieren Sie nun die Bruchzahl und klicken Sie wieder auf den kleinen schwarzen Pfeil im Auswahlfeld. Wie Sie sehen, werden für Bruchzahlen andere Optionen angezeigt als für Buchstaben (siehe Abb. 8). Fahren Sie mit dem Mauszeiger über die Auswahlmöglichkeiten für Stile und Brüche und achten Sie dabei darauf, welche Optionen im Andockfenster Objekteigenschaften angezeigt werden. Dies sind die Optionen, die für diesen Satz von Brüchen dieser OpenType-Schrift verfügbar sind.


    Abb. 8

  • Sie können aber auch im Andockfenster Objekteigenschaften auf eine Option klicken und von dort aus Ihre Auswahl treffen, natürlich immer unter der Voraussetzung, dass die Option verfügbar ist (siehe Abb. 9).


    Abb. 9

  • Markieren Sie nun mit dem Hilfsmittel Text einen beliebigen Bereich der obersten Textzeile. Beachten Sie, dass weder ein Pfeil unter dem Text im Auswahlfeld, noch entsprechende Optionen im Andockfenster Objekteigenschaften angezeigt werden. Dies liegt daran, dass Arial kein OpenType-Schrift ist und keine der oben gezeigten Funktionen aufweist. Nur gerade das Wort „OpenTyp“ weist zwei ältere Auswahlmöglichkeiten auf.

In CorelDRAW X6 sind viele weitere neue Typografiefunktionen verfügbar. So können Sie Texte, die diese neuen Textmerkmale aufweisen, in älteren Versionen von CorelDRAW speichern, auch wenn diese neuen Funktionen in älteren Programmversionen nicht unterstützt werden. Wenn Sie auf Datei > Speichern unter klicken und eine ältere Programmversion wählen, wird folgendes Dialogfeld angezeigt:




Abb. 10

Sie können die Datei dann in der älteren Version entweder in einer bearbeitbaren oder einer nicht bearbeitbaren Version speichern (siehe Abb. 11). Wenn Sie die Bearbeitbarkeit des Textes beibehalten, werden die OpenType-Merkmale von CorelDRAW entfernt und ersetzt, so dass der Text weiter bearbeitbar bleibt. Wenn Sie die Option Textdarstellung beibehalten wählen, wird der nicht kompatible OpenType-Text in Kurven umgewandelt. Er kann dann nicht mehr als Text, sondern nur als Vektorobjekt bearbeitet werden.




Abb. 11

Definitionen

Brüche: Bei Brüchen handelt es sich, genau wie Sie vermutet haben, um Bruchzahlen. Bei den meisten Schriftstilen werden Eingaben wie 1/4, 1/2 oder 3/8 automatisch in Brüche umgewandelt, für weniger gebräuchliche Zahlen sind jedoch besondere Tastenkombinationen erforderlich. Viele OpenType-Schriften sind so angelegt, dass sie auch weniger gängige Brüche erkennen und auch die Nutzung verschiedener Typen von Bruchzahlen ermöglichen.

Ligaturen: Zeichen, die durch das Zusammenfügen von zwei oder mehr Buchstaben gebildet werden.

Ordinalzahlen: Beispiele für Ordinalzahlen sind erste, zweite, siebte usw. Schriften, die diese Funktion unterstützen, geben Ordinalzahlen im Englischen folgendermaßen wieder: 1st, 2nd, 7th usw.

Schmuckelemente: Dies sind Zierschriften, wie Sie sie beispielsweise in der Schriftart Dingbat finden. Es handelt sich dabei nicht um Buchstaben, sondern um Verzierungen, die als Schriftart angewandt werden können.

Zierbuchstaben: Zierbuchstaben sind überlange Serife. Sie erstrecken sich oft bis zu benachbarten Buchstaben oder Textzeilen.

Stilgruppen: Mit einer Stilgruppe wird ein alternatives Design auf eine Textauswahl angewandt.